Neurologische Entwicklungsstörungen wie Autismus, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder kognitive Beeinträchtigung wurden lange Zeit aus einer reinen Risikoperspektive untersucht und verstanden, die oft mit negativen Ergebnissen verbunden war und die Vielfalt der Lebenswege neurodiverser Menschen mit positiven Ergebnissen außer Acht ließ.
Das von der EU finanzierte R2D2-MH-Projekt schlägt vor, dieses Paradigma zu ändern, indem sogenannte Resilienzfaktoren in das Verständnis von Neurodiversität und psychischer Gesundheit integriert werden. Das Projekt wird auf mehreren Ebenen zwei weitverbreitete frühe Risiken für Neurodiversität, nämlich Frühgeburt und genetische Belastung, untersuchen und den Einfluss von Umwelt-, sozialen und genetischen Faktoren auf den Lebensweg neurodiverser Menschen bewerten. Über einen Zeitraum von 5 Jahren soll R2D2-MH 1) den größten europäischen Datensatz über die frühe menschliche Gehirnentwicklung und die Folgen für die psychische Gesundheit bereitstellen, 2) biologische Mechanismen der Resilienz identifizieren, 3) gemeinsam neue digitale Instrumente entwickeln, um die partizipatorische Forschung/Medizin zu verbessern und Stigmatisierung abzubauen, 4) Vorhersagemodelle entwickeln, die Fachkräfte im Gesundheitswesen unterstützen.
Die Einzigartigkeit und Stärke von R2D2-MH liegt in der Einbeziehung neurodiverser Jugendlicher und Erwachsener, die gemeinsam mit den Forscher*innen die Produkte und Methoden entwickeln werden, die das Projekt liefern soll. Insgesamt schlägt R2D2-MH einen doppelten Paradigmenwechsel vor: 1) von reinen Risikoansätzen hin zum Verständnis und zur Förderung der Resilienz und 2) von einem diagnosebasierten Ansatz hin zu einem Neurodiversitätsansatz, um so zum Abbau von Diskriminierung und Stigmatisierung beizutragen, die häufig das körperliche und geistige Wohlbefinden neurodiverser Menschen beeinträchtigen.
R2D2-MH vereint interdisziplinäres und komplementäres Fachwissen aus Europa, Israel und Australien in den Bereichen Ethik, Epidemiologie, Soziologie, Genetik, Zellbiologie, Neurowissenschaften, computergestützte Modellierung, Informationstechnologie, Psychologie und Psychiatrie. R2D2-MH-Forschung ist sehr engagiert: Sie bezieht die Teilnehmer*innen in die Forschung ein, um sicherzustellen, dass die erwarteten Ergebnisse wirklich translational sind und dazu beitragen, die Stigmatisierung und Diskriminierung neurodiverser Menschen zu verringern.
INSTITUT PASTEUR, France