Der Referentenentwurf zum Wachstumschancengesetz des Bundesfinanzministeriums vom 17. Juli 2023 – neue Impulse für die Forschungszulage?
Neue Impulse für die Forschungszulage?
In der Absicht, die Liquidität und Investitionsbereitschaft deutscher Unternehmen zu stärken hat das Bundesfinanzministerium (BMF) die Sommerpause genutzt, um unter anderem eine Novellierung des Forschungszulagengesetzes (FZulG) auszuarbeiten. Der Referentenentwurf des BMF für das Wachstumschancengesetz sieht (ab S. 69) drei entscheidende Änderungen des FZulG vor, welche die Art und den Umfang der förderfähigen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (FuE) adressieren:
Kern der geplanten FZulG-Änderungen
- Förderung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (also z. B. entwicklungsbezogene Messlinien, Produktionsmaschinen, etc.) durch Einbeziehung von Anschaffungs- und Herstellungskosten in die Bemessungsgrundlage
- Ausweitung der förderfähigen Kosten einer Auftragsforschung auf 70 % (damit effektiver Fördersatz von 17,5 % bei Auftragsforschung)
- Verdreifachung der Bemessungsgrundlage auf 12 Mio. € pro Wirtschaftsjahr (damit bis zu 3 Mio. € Förderung pro Jahr)
Zeitlicher Horizont für die Forschungszulage ab 2024
All diese Änderungen sollen nach Willen des BMF bereits ab dem Kalenderjahr 2024 gelten und verändern den Charakter der Forschungszulage deutlich, deren Bemessungsgrundlage in der Praxis bisher zu ca. 80-90 % auf Gehälter der am FuE-Vorhaben Beteiligten beschränkt war. Verantwortlich ist hierfür insbesondere die Einbeziehung von für das zu fördernde Vorhaben erforderlichen beweglichen Wirtschaftsgütern. Die substantielle Ausweitung der Bemessungsgrundlage auf 12 Mio. € pro Wirtschaftsjahr ist vor allem aus dieser Änderung heraus motiviert.
Wer profitiert von der positiven Entwicklung der Forschungszulage?
ARTTIC als erfahrener Forschungszulagenberater würde eine solche Änderung begrüßen, da insbesondere für die drei Säulen der deutschen Wirtschaft, Maschinenbau, Automotive und Chemie, Anlageninvestitionen meist maßgeblicher Teil von FuE-Vorhaben sind. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), war die Beschränkung der Förderung auf Personalkosten ein gewichtiger Grund eher andere Fördermittel für ihre Innovationsprojekte ins Auge zu fassen.
Auftragsforschung
Die Ausweitung der förderfähigen Kosten von Auftragsforschung leitet sich wie die Anhebung der Bemessungsgrundlage insgesamt aus dieser neuen Förderlogik ab, wobei eine Anhebung auf 80 % durchaus gerechtfertigt wäre, da ein Abschlag von 20 % für Reisen, Transport, Beschaffungen und Meetings immer noch hoch erscheint.
Forschungszulage rückwirkend
Eine große Stärke der Forschungszulage ist der rückwirkende Anspruch, den Unternehmen für ihre bescheinigten FuE-Vorhaben wahrnehmen können (Bis wann kann die Forschungszulage rückwirkend für 2020 beantragt werden?). Die oben beschriebenen Änderungen jedoch erst ab 2024 greifen zu lassen ist dennoch aus zweierlei Gründen nachvollziehbar: Zum einen haben viele Unternehmen die Forschungszulage für zurückliegende Wirtschaftsjahre durch die Finanzämter bereits feststellen lassen und wären somit für ihre Schnelligkeit bestraft. Zum anderen ist es verständlich, dass der Gesetzgeber einen Anreiz für zukünftige schaffen und nicht vergangene Aufwendungen subventionieren möchte.
Fazit
Ist die angedachte Novelle also insgesamt ein großer Wurf? Wie ARTTIC bereits in einem Artikel (Wie kann die Forschungszulage besser werden?) ausgeführt hat sind für die nachhaltige Verbesserung der Forschungszulage im Geiste eines einfach handhabbaren Förderinstruments für KMU andere Fragen als die Bemessungsgrenze von ebenfalls großer Bedeutung: Vor allem eine Differenzierung der Förderquote wäre ein wichtiger Schritt (hinsichtlich Unternehmensgröße, -alter und –standort). Denn personalintensive FuE, z. B. bei kleinen IT-Unternehmen in strukturschwachen Regionen, profitiert kaum von der vorgesehenen Novellierung. Prozessvereinfachungen wären zudem über eine Novellierung der Forschungszulagen-Bescheinigungsverordnung (FZulBV) zu erwirken (Stichwort Geschäftsstatistik). Diese wird aber vom Wachstumschancengesetz nicht berührt.
ARTTIC hätte sich daher einen weitergehenden Entwurf gewünscht, begrüßt die vorgesehene Novellierung aber in jedem Fall, da diese die Attraktivität des Instruments stärken wird. Vielleicht gehen die Beratungen und Beschlüsse in Kabinett und Parlament auch über den Referentenentwurf hinaus.
Dr. Daniel Pawliczek
Funding Consultant bei ARTTIC Innovation
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